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Vom Land zur Stadt und zurück: Wie Digitalisierung den Immobilienmarkt verändert

Stand 09/2024

Willkommen zum zweiten Interview unserer dreiteiligen Interviewreihe mit Daniel Malek, CEO D-A-CH von KENSINGTON Finest Properties! In diesem Interview beleuchtet Malek die aktuellen Trends und Perspektiven für den Immobilienmarkt in der D-A-CH-Region.

Sie erfahren, wie sich die Digitalisierung auf die Immobilienbranche auswirkt, welche Chancen und Herausforderungen sich für Käufer und Verkäufer ergeben und wie Themen wie Landflucht, Demografie und die Entstehung von Speckgürteln den Markt beeinflussen. Die Einblicke und Prognosen bieten Ihnen wertvolle Orientierung in einem sich stetig wandelnden Marktumfeld. Seien Sie gespannt auf den dritten und letzten Teil unserer Serie, der in Kürze an dieser Stelle veröffentlicht wird!

Der Immobilienmarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Es reicht nicht mehr aus, einen Zettel ins Fenster zu hängen und die Interessenten klopfen an die Tür und sagen: „Bitte, kann ich diese Immobilie haben?“ 
Wie sehen Sie die aktuellen Trends und was erwarten Sie für die Zukunft?

Wenn man die letzten vier Jahre Revue passieren lässt, kommen wir aus einer sehr starken Phase im Immobilienbereich. Dann kam Corona, das hat erst einmal alles lahmgelegt – ein echter Knockout. Aber man muss sagen, dass sich der Immobilienmarkt relativ schnell wieder erholt hat. Ich glaube, dass wir jetzt langsam die Talsohle erreicht haben. Jetzt im September steht ja auch die Entscheidung der EZB an, ich glaube sogar morgen. Ich gehe davon aus, dass die Zinsen um 0,25 % gesenkt werden. Aber ich glaube, diese Zinssenkung ist im aktuellen Zinsniveau schon weitgehend eingepreist. Der Zinssatz liegt derzeit bei etwa 3,2 bis 3,3 %.

Mittelfristig, wenn man eine Prognose wagen darf, muss man sagen: Die letzten vier Jahre haben uns gelehrt, dass immer dann, wenn man glaubt, das Schlimmste überstanden zu haben, der nächste Schlag kommt. Aber wenn wir davon ausgehen, dass es keine großen Überraschungen mehr gibt und alles seinen normalen Gang geht, dann glaube ich, dass sich die Zinsen bei rund 3 % einpendeln werden. Die Preise werden sich ebenfalls stabilisieren. Wir haben gesehen, dass die Preise im letzten Jahr die Talsohle erreicht haben. Es gibt eine gewisse Stagnation, aber in den Ballungszentren gibt es schon wieder einen leichten Anstieg von 1 bis 2 % im Vergleich zum Vormonat. Das deutet auf einen positiven Trend hin.

Natürlich muss man auch hier aufpassen, dass die Preise nicht zu schnell wieder zu stark steigen. Das könnte ein Problem werden. Aber insgesamt glaube ich, dass sich der Markt mittelfristig weiter erholen wird. Interessant war ein Gespräch, das ich letzte Woche hatte. Da meinte jemand, dass wir bald wieder einen Verkäufermarkt haben werden. Das sehe ich nicht. Ich glaube nicht, dass wir wieder in eine Situation kommen, in der ein DIN-A4-Blatt im Fenster hundert Interessenten anlockt.

Viele Käufer interessieren sich heute für Luxus- oder Premium-Immobilien. Was macht eine Immobilie zur Premium-Immobilie? Aus Sicht von KENSINGTON ist das Thema „Finest Properties“ viel mehr als nur ein Label für hochwertige Immobilien? 

Natürlich sind wir im Premiumsegment vertreten. Aber für mich bedeutet der Begriff „Finest Properties“ vor allem die Brücke zum Service. Was mir besonders wichtig ist, ist der bestmögliche Service – also nicht nur hochwertige Immobilien anzubieten, sondern auch den besten, höchsten und feinsten Service am Markt. Es geht nicht nur um die Immobilie, sondern auch darum, wie wir die Immobilie und den Service drumherum präsentieren.

Dabei spielt es für uns im Grunde keine Rolle, ob es sich um eine Wohnung für 200.000 Euro in Bremen oder eine Villa für 40 Millionen Euro auf Mallorca handelt. Unterschiedliche Kundengruppen haben natürlich unterschiedliche Ansprüche, die sich auch in der jeweiligen Immobilie widerspiegeln, aber der Anspruch, den besten Service zu bieten, bleibt für uns immer der gleiche. Dabei steht nicht nur der Preis der Immobilie im Vordergrund, sondern auch die Qualität der Dienstleistungen, die wir rund um die Immobilie erbringen.

Als ich mit 20 Jahren meine erste Wohnung gekauft habe, war das eine 16-Quadratmeter-Wohnung in der Nachbarschaft für damals rund 12.000 Euro. Heute ist der Immobilienmarkt natürlich ein anderer. Wenn ich heute eine Immobilie kaufen würde, wäre es wahrscheinlich keine so kleine Wohnung mehr. Aber wenn ich mir vorstelle, ich würde meine eigene Villa bei KENSINGTON Immobilien zum Verkauf anbieten – ich habe keine, aber wenn ich eine hätte, dann erwarte ich, dass meine Immobilie, egal ob sie 20.000, 50.000 oder 100.000 Euro wert ist, genauso gut und professionell vermarktet wird wie eine 40-Millionen-Villa.

Wenn Sie einzelne Regionen, Städte und auch innerstädtische Lagen im D-A-CH-Raum betrachten, was ist Ihrer Meinung nach derzeit besonders attraktiv und wo sollte man vielleicht noch abwarten?

Als CEO für Deutschland, Österreich und die Schweiz ist mein Blick auf die attraktiven Immobilienregionen recht klar. Grundsätzlich sind die Metropolen immer gefragt. Städte wie Hamburg, Berlin und Düsseldorf gehören zu den Dauerbrennern auf dem Immobilienmarkt. In diesen Städten sind bereits wieder leicht steigende Preise zu beobachten, was auf eine anhaltend hohe Nachfrage hindeutet. Aber nicht nur die Städte selbst, sondern auch die angrenzenden Gebiete, die sogenannten Speckgürtel, erfreuen sich großer Beliebtheit. Diese Entwicklung wurde durch die Pandemie noch verstärkt, denn viele Menschen zieht es ein Stück weit aus den Städten heraus, sie wollen im Grünen wohnen, aber trotzdem nicht auf die Nähe zur City verzichten.

Auf der anderen Seite sehe ich auch gewisse Probleme, vor allem in ländlichen Regionen, die weit von den Ballungszentren entfernt sind. Ein Beispiel wäre ein Resthof in Sachsen, 300 Kilometer von Berlin entfernt. Solche Regionen erleben einen demografischen Wandel, der sich negativ auf den Immobilienmarkt auswirkt. Die ältere Generation stirbt nach und nach aus und die nachwachsende Generation zieht entweder in die Städte oder in die Speckgürtel. Dies führt dazu, dass die ländlichen Gebiete immer mehr verlassen werden und es immer schwieriger wird, Käufer für Immobilien in diesen Gebieten zu finden. Heutzutage möchte jeder alles schnell erreichen, unabhängig sein und nicht ständig auf ein Auto angewiesen sein. Viele Menschen ziehen es daher vor, in der Nähe von Ballungszentren zu leben.

Ich glaube, dass das abgelegene Land in bestimmten Nischen weiterhin seine Daseinsberechtigung haben wird. Es wird immer Menschen geben, die es schätzen, abseits der Zivilisation zu leben, ohne Nachbarn in der Nähe. Aber in der Masse sehe ich das eher problematisch. Denn der demografische Wandel ist unaufhaltsam und die Abwanderung in die Städte oder deren Umland wird weiter zunehmen. Diese Entwicklung wird sich nicht von heute auf morgen vollziehen, aber in den nächsten 10 bis 20 Jahren rechne ich damit, dass sich der Immobilienmarkt in diesen ländlichen Regionen zunehmend verändern wird.

Ich sehe auch, dass die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft eine immer größere Rolle spielen wird. Alles wird immer digitaler und das gilt natürlich auch für die Immobilienwirtschaft. Was hat sich in der D-A-CH-Region durch die Digitalisierung bereits verändert und was wird sich Ihrer Meinung nach in Zukunft noch entwickeln?

Die Immobilienbranche muss sich auf jeden Fall weiter digitalisieren. Ähnlich wie die Versicherungsbranche ist sie noch etwas „verstaubt“, wenn auch nicht ganz so stark. Als ersten Schritt sehe ich, dass die Digitalisierung fest in der Branche verankert werden muss. Das fängt bei Automatisierungen und Prozessen an, die teilweise schon umgesetzt werden – sei es bei der Exposéerstellung, im Marketing, bei der Grafikbearbeitung oder bei digitalen Unterschriften. Auch papierlose Verträge sind ein wichtiger Bestandteil dieser Entwicklung. All diese Aspekte müssen als Basis etabliert werden.

Digitalisierung und künstliche Intelligenz können die Branche also enorm unterstützen und voranbringen, aber der Makler wird nicht aussterben. Im Gegenteil, ich glaube, dass die Qualität durch diese Entwicklungen noch besser wird. Das ist zumindest unser Anspruch. Der Mensch wird immer der wichtigste Faktor in diesem Geschäft bleiben.

Für mich sind Führungen etwas, das man persönlich erleben muss. Egal, welche technischen Möglichkeiten es gibt, selbst eine VR-Brille kann das Erlebnis nie ganz ersetzen. Man kann das Objekt nicht riechen, nicht fühlen – diese sinnlichen Eindrücke sind einfach unverzichtbar. 

Für den ersten Eindruck sind solche technischen Hilfsmittel aber durchaus hilfreich. Gerade wenn man im Urlaub ist oder das Objekt 300 Kilometer entfernt ist und man es sich schnell anschauen möchte, bietet die Technik eine gute Lösung. Aber am Ende, und das ist für mich der entscheidende Punkt, ist es immer noch ein „People Business“. Ich will mit einem Menschen sprechen, ich will die Immobilie live erleben, die Vor- und Nachteile direkt vor Ort wahrnehmen. 
Die Emotionen bei einer Besichtigung gehören einfach dazu – das ist für mich entscheidend.